Die Vorstellung, eine Fee einzufangen, taucht in vielen europäischen Sagen und Märchen auf. Sie entspringt einer Zeit, in der Feen als Naturgeister, Schutzwesen oder Boten einer anderen Wirklichkeit galten. Menschen beschrieben sie als schön, geheimnisvoll und oft gefährlich – doch zugleich als Wesen, die Glück, Liebe oder übernatürliche Gaben schenken konnten.
Die Erzählungen, in denen Menschen versuchen, Feen zu binden oder festzuhalten, sind daher immer mehr als nur magische Geschichten: Sie verhandeln Themen wie Gier, Respekt gegenüber der Natur, die Sehnsucht nach dem Übernatürlichen und die Grenzen menschlicher Macht.
1. Die Fee in der Glasflasche
In vielen europäischen Volksmärchen begegnet uns die Geschichte eines Mannes, der eine kleine Fee – oft kaum größer als eine Hand – mit List einfängt.
Man erzählt, er habe die Fee mit Milch oder Honig angelockt, andere Versionen berichten von Musik oder glänzenden Gegenständen. Sobald sie die Flasche betritt, verschließt der Mensch sie und hält die Fee gefangen.
Die Fee bittet um Freiheit und verspricht Glück, Heilung oder Reichtum, doch der Mensch zögert. Je länger er die Fee festhält, desto mehr verliert er: Die Milch wird sauer, das Vieh erkrankt, das Glück wendet sich ab.
Erst als er die Fee aus Mitgefühl freilässt, wird er belohnt – nicht reich, aber mit Frieden und Wohlstand, der lange anhält.
2. Die Elfenfrau und das gestohlene Feengewand
Eine der ältesten und weit verbreitetsten Sagen ist die der Elfen- oder Schwanenjungfrau, die ihren magischen Mantel, Schleier oder ihre Schwingen ablegt, um zu baden.
Ein Mensch – meist ein Jäger – entdeckt sie, nimmt das Gewand und zwingt sie, bei ihm zu bleiben. Ohne ihr magisches Kleidungsstück kann die Fee nicht in ihre Welt zurückkehren.
Im Laufe der Jahre leben sie zusammen, oft bekommen sie Kinder. Dennoch bleibt die Fee in dieser Welt unfrei, gefangen durch den Verlust ihres wahren Wesens.
Eines Tages findet sie das versteckte Gewand wieder. Ohne Zögern zieht sie es an und kehrt in die Anderswelt zurück – selbst wenn es bedeutet, ihre Familie zurückzulassen.
3. Die gefangene Leanan Sídhe – Irische Inspiration und Gefahr
In Irland erzählt man von der Leanan Sídhe, einer Fee, die Menschen künstlerische Inspiration schenkt. Künstler versuchten angeblich, sie zu binden oder festzuhalten, um dauerhaft Kreativität zu erhalten.
Doch je länger man sie festhält, desto schwächer wird die Fee – und desto unheilvoller wird ihr Einfluss. Manche Geschichten enden damit, dass der Gefangene langsam den Verstand verliert oder seine Lebenskraft dahinschwindet.
Die Leanan Sídhe steht für die Erkenntnis, dass Kreativität nicht erzwungen werden kann. Wer das Übernatürliche für sich vereinnahmen will, zahlt einen Preis.
4. Die Tylwyth Teg – Die ungebundene Fee aus Wales
Die walisische Folklore kennt viele Geschichten über die Tylwyth Teg, ein Volk heller, graziler Feen. In einer Sage fängt ein Bauer eine Fee ein, die auf einer Wiese tanzt.
Er hält sie so lange fest, bis sie verspricht, bei ihm zu bleiben. Die Fee lebt daraufhin eine Zeit lang mit ihm, doch selbst die kleinste Form von Zwang bricht das Gleichgewicht.
Als der Bauer ein abergläubisches Ritual anwendet, um ihre Treue magisch zu sichern, verschwinden die Fee und alle Gaben, die sie mitgebracht hat. Zurück bleibt ein Mann, der erkennt, dass ihre Nähe niemals Besitz sein durfte.
10.06.25. Vor einer Weile durfte ich eins meiner Wannados tätowieren. Die Fee wurde nur mit grau tätowiert, um das Motiv an ein anders symmetrisch platziertes Tattoo anzupassen und beruht auf deiner Zeichnung die ich Ende letzten Jahres angefertigt hatte.